Film-Crew in Hagen – Mit der Kamera auf Zeitreise

Musiker und Regisseur Sandro Giampietro hat wieder ein Filmprojekt: Zusammen mit Schauspielern, Komparsen und Schülern hält er die Geschichte der Burg zu Hagen in Ton und Bild fest.

Für Mediensäulen, die entlang der Burgallee aufgestellt werden sollen, lässt Sandro Giampietro (Dritter v.l.) die Vergangenheit der Burg zu Hagen wieder aufleben. (Andrea Grotheer)

Hagen. Zwei junge Damen sitzen anmutig und gut beschattet im Gras, ihre Kleidung lässt auf eine vornehme Herkunft schließen. Begleitet werden sie von einem jungen Herrn, ein Diener serviert Gebäck: Diese Szene hat sich jetzt im Garten der Burg zu Hagen abgespielt. Genauso könnte es im Sommer des Jahres 1653 ausgesehen haben, als die Familie des schwedischen Reichsrats und Diplomaten Schering Rosenhane mehrere Monate dort verbrachte. Der Schwede hatte die Burg als Belohnung für seine Verdienste bei den Friedensverhandlungen im Westfälischen Frieden zu Münster und Osnabrück erhalten.

Die Zeit im Besitz der Familie Rosenhane war nur ein kurzer Abschnitt in der über 800-Jährigen Geschichte des Bauwerks. Die verschiedenen Stationen werden jetzt in Bild und Ton umgesetzt, um eine historische Zeitreise mithilfe moderner Technik und mit Mediensäulen entlang der Burgallee zu ermöglichen. Im Garten fand ein Teil der Dreharbeiten statt. Auch das Innere der Burg und das Hermann-Allmers-Haus wurden bereits zu Drehorten. Die Kostüme sind eine Leihgabe der Verdener Domfestspiele.

„Wir drehen 15 Tage für etwa 15 Minuten Film, heute sind wir schon drei Stunden am Set“, erzählt Sandro Giampietro. Der Wittstedter Musiker hat sich mit der Produktion der plattdeutschen Krimikomödie „Boot und Dood“ auch einen Namen als Filmer gemacht und eine komplette Film-Crew um sich versammelt. Neben Profi-Schauspielern wie Helge Tramsen, der in den kurzen Filmen auch die Moderation übernimmt und das Bindeglied zwischen Gestern und Heute darstellt, sind weitere Profi- und Laiendarsteller dabei. Zum Team gehören auch die Kinder von Sandro Giampietro, Julia, Gina und Romeo, die in verschiedenen Rollen zu sehen sind. Sean Mangels, Tom Kobow und Linus Voigt sorgen für Licht und Ton, Tim Hantke hat die Regieassistenz übernommen. Maskenbildnerin ist Joanna Fedderwitz.

Zum Teil sind die Mitglieder der Film-Crew auch Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft Film am Gymnasium Waldschule Hagen-Beverstedt unter der Leitung von Sandro Giampietro, die bereits in die  Planung der Filmsequenzen involviert waren.

Die Anregung zu dem kompletten Projekt kommt aus den Reihen des Kultur- und Heimatvereins der Burg zu Hagen. „Wir hatten 2014 die Idee“, erzählt Vereinsvorsitzende Stephanie Allmers-Stoessel. Die denkmalgeschützte Burgallee sei schon lange in einem schlechten Zustand und man habe sich überlegt, Burg und Zufahrt als Ensemble zu sehen. „Wir wollten die 800-Jährige Geschichte anders erzählen – sodass junge Leute auch daran interessiert sind“, sagt sie. Deshalb habe der Verein die Waldschüler in die Entstehung integriert: „Wir haben mit Hans König einen professionellen künstlerischen Leiter engagiert und im Januar über drei Tage einen Workshop mit 54 Schülern veranstaltet.“ So habe das Projekt noch vor Beginn der Corona-Pandemie starten können. Doch „die geplante Projektwoche musste ausfallen”,  so Stephanie Allmers-Stoessel.

200 000-Euro-Projekt

Aber Giampietro und  König hätten mit der früheren Vorsitzenden Jutta Siegmeyer, die gleichzeitig Ortsheimatpflegerin in Hagen ist, und Martina Hellmann, Geschichtslehrerin und stellvertretende Direktorin an der Waldschule, die Inhalte erarbeitet. Dabei hätten sie die Geschichte der Burg mit historischen Weltereignissen verknüpft. „Zu der Zeit, als Familie Rosenhane die Burg besuchte, wurde in Frankreich gerade das Wasserklosett erfunden“, erklärt Friedrich Zittlosen, stellvertretender Vorsitzender des Burgvereins, mit einem Schmunzeln, warum dieses Thema von den feinen Damen im Gespräch aufgenommen wird. Zusätzlich zu den Filmszenen werden an der Waldschule im Kunstunterricht mit Unterstützung der Bremer Illustratorin Anke Bähr noch Zeichnungen, sogenannte Graphic Novels, erstellt, die die geschichtlichen Stationen illustrieren sollen.

Finanziert wird das 200 000 Euro teure Projekt mit 120 000 Euro aus Leader-Mitteln. 25 000 Euro steuert die Gemeinde Hagen bei, 10 000 Euro der Verein. Die restlichen Kosten teilen sich die Niedersächsische Sparkassenstiftung, die EWE-Stiftung und die Bingo-Umwelt-Stiftung. „Wir mussten die Finanzierung sicherstellen, bevor wir den Leader-Antrag stellen konnten“, so Friedrich Zittlosen, der die Förderungen eingeworben hat.

Wenn alles wie geplant läuft, kann die neue Burgallee mit den Multimediasäulen im April 2021 eröffnet werden. Dann sollen auf der sanierten Straße neun Stelen aus Stahl in Rost-Optik, 1,60 Meter hoch, mit einem Umfang von 40 mal 40 Zentimetern aufgestellt werden. Jede wird mit einer Edelstahl-Tafel ausgestattet sein. Mithilfe eines QR-Codes sowie dem eigenen Smartphone oder einem in der Burg auszuleihenden Tablet können die Geschichts-Sequenzen erlebt werden. Die zehnte Stele wird der Geschichte der Hagener Juden gewidmet, mit der sich der Hagener Geschichtskenner Hansdieter Kurth ausführlich befasst hat.

Die Burg zu Hagen, die auch ein Museum ist, bleibt aufgrund der Corona-Pandemie zurzeit noch geschlossen. Informationen gibt es unter www.burg-zu-hagen.de.

Quelle: WESER-KURIER vom 13.08.2020 | Andrea Grotheer

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